Peter Barcaba

Hintergrundgedanken

Vor etwa 120 Jahren galt die Sprengung der Tonalität als das größte Abenteuer der Musikgeschichte. Für mich und viele andere Musiker gilt heute ihre Wiederentdeckung zu den größten Abenteuern. Diese ist keine historische Rückblende, denn die Tonalität hat sich ja im Stillen weiterentwickelt. Wir sind Menschen von heute und müssen im Schöpfungsakt dem "Du", dem musikalisch-menschlichen Gegenüber ins Auge schauen- und wenn es sich um religiöse Musik handelt, dann heißt dieses "Du"- Gott! Spätromantisches, nie enden wollendes und egozentrisches Pathos hat die tonale Musik zu einem Krebsgeschwür wuchern lassen. Wir müssen ihre Jugendlichkeit zurückgewinnen, dann spornt sie den Schöpfergeist zu neuen Kühnheiten an --- Ja, Kühnheiten!!

Das Gejammer um die Altlast der Tradition ist albern, denn unsere großen Musiker im Himmelreich sind sich verschenkende Väter, die uns in allen Zeiten zur Selbständigkeit und Schaffung von Neuem ermuntern. Wir dürfen wieder eine Frische atmen, in der alles vor uns liegt und nicht hinter uns. Eine neue Freiheit entsteht, deutlich abgegrenzt von jeglicher Willkür.

Wir müssen die Tonalität in ihrer Fülle erleben nicht in der Korruption von Akkordleichen und grundlos komplexen Klängen. Die Möglichkeiten uns darin selbst ganz zu finden und uns darin erschöpfend auszudrücken und zu verwirklichen sind unermesslich.

So wie uns im Leben ein nie endender Beziehungsreichtum zu unseren geliebten Menschen vorschwebt, so muss es auch in der Musik sein. Nur ein musikalischer Beziehungsreichtum strebt zur Einheit all ihrer Elemente. Es ist der Weg, welcher die
(von manchen so verachtete) Inspiration - den göttlichen Anteil der Musik - nährt. Dieser bleibt unser größtes Geschenk und ewiges Mysterium. (Peter Barcaba, 1947 - 2017)